Das bisweilen sehr heiße und trockene Klima Italiens bestimmt die regionalen Möglichkeiten der Gartengestaltung.
Die Form eines typisch italienischen Gartens geht zurück auf die Zeit der Renaissance. Florenz, Rom und das venezianische Festland waren zu jener Zeit Hochburgen der Gartenkunst. Einerseits erinnern viele Stilelemente an das barocke Parterre des französischen Gartens. Buchsbaumhecken unterteilen den Garten in kleinere Räume. Auch die mittelalterliche Gestaltung des Hortus Conclusus wurde mit Laubengängen, Mauern und Hecken wieder aufgegriffen. Die Fläche des Gartens wurde stets nach geometrischen Vorlagen unterteilt, Hecken, Bäume und Sträucher wurden in Form geschnitten. Blumen finden in einem solchen Gartenkonzept ihren Platz in der Regel in Vasen. Im Unterschied zu den französischen Gärten hat der italienische Garten keine langen Sichtachsen. Wegen häufigen Wassermangels bevorzugte man in Italien immergrüne Pflanzen. Der Garten war weniger als Ort der Erholung seiner Besitzer, sondern viel mehr ein Mittel der Repräsentation.
Im Italienischen unterscheidet man zwischen Orto und Giardino. Der Orto ist der Gemüsegarten, ein Stückchen Land, angelegt allein zur Versorgung mit Gemüse, Salaten und Kräutern, in dem auch Obstbäume und Wein ihren Platz finden können. Der Giardino hingegen ist eine Art Zimmer im freien, ein grüner Raum. Das Arbeiten im Garten gilt im bürgerlichen und großbürgerlichen Rahmen als nicht erstrebenswert und der Giardino wird in der Regel von einem Gärtner gepflegt. ‚Garteln‘ als Hobby findet in Italien meist nur auf dem Balkon statt, wo liebevoll gepflegte Kräutersträucher von Rosmarin und Basilikum neben Tomaten, Paprika und Geranien einen italienischen Topfgarten bevölkern.
Dies vorausschickend gebührt dem venezianischen Garten besondere Aufmerksamkeit. Nur wer weiß, wieviel Arbeit in einem Garten liegen kann, kann vielleicht erahnen, welche Mühe es bedeutet in Venedig einen Garten zu haben und zu erhalten.
Als die Venezianer vor den Barbaren vom Festland auf die Inseln der Lagune flüchteten fanden sie nur wenige Pflanzen vor, die sich im vom Salzwasser durchdrungenen Boden behaupten konnten. Hauptsächlich Pappeln, Ahorn, Weiden und Röhricht wuchsen auf den Inseln.
Der heutige venezianische Campo bedeutete zunächst nichts anderes als Feld. Zwischen den um einen Campo gebauten Häusern legten die Venezianer einst ihre Gemüsegärten an. Hier sammelte man auch das so wichtige Regenwasser in Zisternen, das für alle so wichtige Süßwasser! Neben den Campi entstanden in den Klöstern in der Lagune Gärten in denen medizinisch wichtige Kräuter und Pflanzen angebaut wurden.
Vom Festland und aus den fernen Ländern mit denen Venedig Handel betrieb erreichten immer wieder neue Pflanzen die Lagune.
Um 1500 sprach man zum ersten Mal von den Gärten in Venedig. Dies waren zunächst ‚Freiluftzimmer‘, sie dienten dem Empfang von Gästen, geometrisch angelegt mit Kieswegen und in Form geschnittenen Pflanzen, dekoriert mit kleinen Grotten und Statuen. Die Gärten waren immer symmetrisch angelegt.
Im 18. Jahrhundert erreicht auch Venedig die Idee des Landschaftsgartens. Symmetrien wurden aufgelöst und der Wunsch nach naturnaher Gestaltung im Stile eines englischen Landschaftsgartens wurde Mode. Beispielhaft seien hier erwähnt die Papadopoli Gärten gegenüber des Bahnhofs, der Parco Savorgnan oder die Gärten in Castello beim Biennale Gelände (einst von Napoleon als erste öffentliche Gärten Venedigs in Auftrag gegeben).
In den letzten beiden Jahrhunderten verschwanden wegen des Baus des Bahnhofs Santa Lucia sehr viele kleine Gemüsegärten im Sestiere Canareggio, auch auf der Insel Giudecca mussten die Gärten mehr und mehr industriellen Bauten und Manufakturen weichen.
Erst in den letzten Jahrzehnten sind viele Initiativen entstanden, die sich mit der Geschichte des venezianischen Gartens befassen. Einige Grünflächen wurden von Studenten besetzt um sie als öffentliches Grün zu erhalten. Nicht immer ist es einfach historische Gärten zu erhalten, fehlende Finanzierungen und logistische Probleme lassen manchen Garten verwildern.
Andererseits findet der interessierte Besucher überall in Venedig die kleinen liebevoll gepflegten Topfgärten auf den Altanen, in Fenstern, auf Balkonen und vor den Haustüren. Graptopetalum (Steinbrech), Zimbelkraut (Cymbalaria Muralis) Pyramidenglockenblumen (Campanula Pyramidalis) haben fast überall in der Stadt einen Lebensraum an Mauern und Brücken gefunden.
Einen Garten in Venedig zu pflegen bedeutet jedoch nicht nur besonders viel Mühe und Handarbeit, sondern auch bedarf auch umfangreicher Kenntnisse. Der Boden ist salzig und benötigt eine gute Drainage. Bäume müssen von akrobatischen Baumkletteren gepflegt werden. Alle Materialien müssen per Schiff gebracht und mit Muskelkraft über Brücken und Wege zu den Gärten gebracht werden.
Typische Pflanzen venezianischer Gärten sind heute
Pittosporum Tobira Chinesischer Klebsame, robuster Strauch, der auch zu einem bis zu 6m hohem Baum wachsen kann.
Jasminum Officinale die Kletterpflanze echter Jasmin
Trachelospermum Jasminoides Falscher Jasmin
Philadelphus Coronarius Pfeifenstrauch
Bagolaro (Celtis australis) Zürgelbaum wird bis zu 25m hoch
Broussonetia papyrifera Papiermaulbeerbaum
Lagerstroemia indica Lagerstömien oder Kräuselmyrte
Koelreuteria Paniculata Blasenesche
Cercis siliquatrum Judasbaum
Sophora japonica japanischer Schnurbaum
Pinus pinea (Mittelmeerkiefer) und pinaster (Seekiefer)
Typische Obstbäume und –Sträucher der Lagune sind: die Kaki die chinesische Jujube (ziziphus jujuba) und die Mispeln (mespilus germanica, echte Mispel) und die Eribotrya japonica (japanische Wollmispel) sowie jede Form von Zitrusbäumen die oft in großen Pflanzkübeln kultiviert werden.